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Biometrische Erkennungssysteme - Nutzen und Hemmnisse im Verbraucheralltag

AutorHenniger, Olaf
Datum2020
ArtReport
AbstraktBiometrische Systeme dienen der automatisierten Erkennung natürlicher Personen anhand ihres Verhaltens und ihrer biologischen Charakteristika. Ausgehend von einer strukturierten Übersicht von aktuell von Verbrauchern genutzten und mit großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten fünf Jahren zur Nutzung angebotenen biometrischen Erkennungssystemen wurde eine Online-Befragung zur Ermittlung der Verbrauchersicht auf biometrische Erkennungssysteme durchgeführt. Die Befragungsergebnisse sind bezogen auf alle Verbraucher in Deutschland nicht repräsentativ, decken jedoch einen Großteil der biometrischen Erkennungssysteme ab, die in Deutschland im Einsatz sind. Personen mit hoher Affinität zur Technikinteraktion sind überrepräsentiert. 67 % der Befragten benutzen biometrische Erkennungssysteme. Das Entsperren von mobilen Endgeräten ist die »Killer-Applikation«, die der Biometrie, insbesondere der Fingerabdruck- und der Gesichtserkennung, im Verbraucheralltag zum Durchbruch verhilft. Der Anteil der Befragten, die über ein Endgerät mit integrierten biometrischen Erkennungssystemen verfügen, liegt bei 80 %, wovon 71 % auch ein biometrisches Verfahren gewohnheitsmäßig zum Entsperren des Geräts nutzen (53 % Fingerabdruckerkennung, 17 % Gesichtserkennung und 1 % Iriserkennung). Die am weitesten verbreiteten biometrischen Anwendungen nutzen die biometrischen Sensoren in mobilen Endgeräten (Entsperren von Endgeräten, Freischalten von Endgeräten zur kryptographischen Authentisierung im Internet, Online-Banking, mobiles Bezahlen). »Nischenanwendungen« sind Sprech­er­erkennung zur Anruferauthentisierung und zur Zugangskontrolle zu digitalen Sprachassistenten und Venenmustererkennung zur Zugangskontrolle zu Räumen und Gebäuden. Andere verwendbare biometrische Charakteristika, wie handschriftliche Unterschriften, sind noch nicht im Verbraucheralltag angekommen. Zur Bargeldabhebung an Geldautomaten und zur Arbeitszeiterfassung setzen die Befragten biometrische Verfahren gar nicht ein. Eine Mehrheit der Befragten sieht biometrische Erkennungssysteme als benutzerfreundlich und sicher an, kennt aber auch die Risiken biometrischer Erkennungssysteme. In der Altersgruppe über 60 Jahre ist die tatsächliche Nutzung, aber auch die Bereitschaft zur zukünftigen Nutzung biometrischer Erkennungssysteme weniger verbreitet als im Durchschnitt aller Befragten. Das kann an höheren Sicherheitsanforderungen in dieser Altersgruppe liegen. Unter Berücksichtigung der Leitwerte des DIN-Verbraucherrats wurden aus den Befragungsergebnissen Handlungsempfehlungen für die Verbraucherkommunikation abgeleitet: Alle potenziellen Benutzer sollten über Benutzerfreundlichkeit und Sicherheit biometrischer Erkennungssysteme informiert werden, um Informations- und Erfahrungsdefizite abzubauen. Verbraucher in der Altersgruppe über 60 Jahre sollten besonders auf den Nutzen biometrischer Erkennungssysteme und die vor­handenen Sicherheitsmaßnahmen hingewiesen werden, wohingegen Verbraucher in der Altersgruppe bis 30 Jahre besonders über Risiken biometrischer Erkennungssysteme unterrichtet werden sollten. Des Weiteren wurden Empfehlungen zum Verbraucherschutz bei der freiwilligen Nutzung biometrischer Erkennungssysteme abgeleitet, Defizite in der Normung biometrischer Tech­no­logien hinsichtlich der Erwartungen des Verbraucherschutzes identifiziert und Handlungsempfehlungen zur Überwindung dieser Defizite abgeleitet: Es wird empfohlen, für die Normung geeignete Biometric-Template-Protection-Verfahren auszuwählen und zu normen. Bei der Normung biometrischer Algorithmen, die auf maschinellem Lernen beruhen, wird empfohlen, möglichst erklärbare Verfahren auszuwählen, um Leistungsunterschiede zwischen demographischen Gruppen vermeiden zu können.
PublisherDIN-Verbraucherrat
Urlhttps://publica.fraunhofer.de/handle/publica/425371