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Vom Sprung ins kalte Wasser – Ein Interview mit unserem Mentor Guenter Kraft
Interview Reihe „Unsere Mentoren am Inkubator StartUpSecure I ATHENE“
In regelmäßigen Abständen stellen wir einige unserer Mentoren und Mentorinnen vor, die unseren Startups mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Guenter Kraft ist nicht nur Mentor der ersten Stunde für unsere Startups, sondern unterstützt auch den Inkubator selbst, zum Beispiel durch Beratung, als Mitglied der Jury oder durch Zugriff auf sein Netzwerk. Studiert hat er Informatik an der Hochschule Darmstadt, danach ging er zu Cisco Systems, damals Anfang der 90er Jahre noch ein Startup. Zuständig für das Netzwerkmanagement - als Netzwerke gerade erst gebaut wurden - reiste er für das Unternehmen durch ganz Europa.
Während Cisco Systems zu einem etablierten Unternehmen wurde, blieb Guenter Kraft der Startup Welt treu, wobei der Begriff „Startup“ in Deutschland noch kaum jemanden ein Begriff war. Wieder einmal war Guenter Kraft Vorreiter und Visionär. Es zog ihn nach Palo Alto, wo er bei einem Startup für die europäische Expansion verantwortlich war und den erfolgreichen Börsengang begleitete. Dann wechselte er die Seite und wurde als Business Angel aktiv. Seitdem berät und investiert er in Startups weltweit, darunter einige Cybersecurity Startups. Von diesem Erfahrungsschatz dürfen nun unsere Startups und unser Inkubator am ATHENE profitieren.
Inkubator am ATHENE: Du unterstützt den Inkubator StartUpSecure I Athene seit einigen Jahren bereits als Mentor. Einmal für den Inkubator selbst und einmal für die Startups. Was war deine Motivation und was machst du genau als Mentor?
Guenter Kraft: Mit meinem Hintergrund als Informatiker und meinen Erfahrungen im Cybersecurity- und Startup-Bereich – und nicht zuletzt als Tech-Nerd – fand ich es riesig spannend mit meiner Expertise zu unterstützen. Was mache ich als Mentor? Viele unterschiedliche Dinge: Dem Inkubator habe ich am Anfang geholfen, das Netzwerk mit aufzubauen. Außerdem habe ich selbst Coachings und Mentorings mit den Startups gemacht oder Expert Talks zu Themen wie Geschäftsmodell-Entwicklung oder Internationalisierung gehalten. Es ist meine Leidenschaft in solchen Themen zu helfen und außerdem hat es mir Spaß gemacht mit den Leuten zusammen zu arbeiten.
Zusammengefasst habe ich das Potenzial des Inkubators und der Startups gesehen und in der Aufbauphase dort unterstützt, wo Bedarf war. Und jetzt freue ich mich darüber, wie sich der Inkubator entwickelt hat, wie Cyber-Spin-offs und -Startups in Rhein-Main und auch in ganz Deutschland erfolgreich unterstützt werden.
Inkubator am ATHENE: Wie gehst du bei den Mentorings und Coachings mit den Startups vor?
Guenter Kraft: In Deutschland gibt es bisher leider kein so richtig erfolgreiches Cybersecurity Startup, zum Beispiel ein Unicorn. Auch wenn wir in der Forschung top sind, gibt es zu wenig an jungen Unternehmungen, die innovative Cybersecurity Lösungen „made in Germany“ auf die Straße bringen. Dazu kommt, dass Startups mit Forschungsbezug sehr, sehr theoretisch und nicht Business-orientiert sind. Was ich dann immer mache, ist: Ich nehme die Startups erst einmal in eine Art Assessment rein. Das heißt, ich drehe sie einmal komplett rum, nehme ihr Geschäftsmodell auseinander und lasse sie es dann selbst wieder zusammensetzen. Es hilft nicht, nur eine gute Technologie zu haben. Du musst den Markt richtig erkennen und du musst ein richtig gutes Team sein. Und dabei helfe ich den Teams. Es ist nicht immer einfach für die Teams, sich diesem Assessment zu unterziehen, vieles erst einmal zu hinterfragen, aber es lohnt sich.
Inkubator am ATHENE: Wie hast du deine Erfahrungen und Kenntnisse zum Thema Gründung und Skalierung von Startups erworben?
Guenther Kraft: Naja, ich hatte keinen Inkubator, ich hatte keine Accelerator, ich hatte keine Business Angels, ich hatte nichts. Ich hatte: Spring ins Wasser und schwimm. Und das mit allen Pengs, die dazugehören. Ich hatte eine Firma, in die ich etwa 500.000 Euro rein investiert habe und musste sie leider insolvent setzen, weil einfach kein Markt da war. Zu dieser Zeit war auch kein Pivot (Anmerkung: Planänderung, wenn ein Geschäftsmodell nicht funktioniert) möglich. Daraus habe ich natürlich gelernt. Musste ich das so lernen? Nein. Hat es mir geholfen? Ja, ich bin für Investorengespräche um die Welt geflogen und habe einen Börsengang mit gemacht. Ich habe alles wirklich „on the job“ gelernt. Mit allem, was dazu gehört. Mit den Highs, mit den Peaks und mit den Lows.
Inkubator am ATHENE: Das ist ein reicher Erfahrungsschatz, was sind deine wichtigsten Botschaften an die Teams?
Guenter Kraft: Ich kann die Dinge einfach denken und denke immer von den Kunden aus. Eine meiner Key-Messages ist, suche das „Hair-on-fire“ Problem und nicht das „Nice-to-have“ Problem. Als potenzielle Kunden will ich nicht primär wissen, welche Technik hinter der Lösung steht, sondern welches Problem gelöst wird. Wenn ein drängendes Problem aus Sicht der Kunden gelöst wird, dann ist es „hair-on-fire“ und nicht „nice-to-have“. Und ich gebe den Startups auch mit, wenn sie ein Pivot machen müssen.
Inkubator am ATHENE: Welchen Erfolgsfaktor betrachtest du als besonders wichtig für Gründerinnen und Gründer?
Guenter Kraft: Zu 80 Prozent ist es das Team. Die Gründerinnen und Gründer müssen wissen, wo ihre Talente sind und wo sie nachlegen müssen. Das wissen sie oft nicht. In meinen Vorträgen stelle ich gerne die Frage, wer der oder die COO von Facebook war? Bei Facebook war Mark Zuckerberg zwar der CEO, aber die COO war die Sheryl Sandberg. Mark Zuckerberg wusste, er war Techniker und hat einen Profi reingeholt. Als Gründer oder Gründerin muss man seine Grenzen erkennen und kann nicht alles machen, sonst werden sie nicht weit kommen. Und da ich Teams in einer sehr frühen Phase betreue, ist es auch wichtig, dass die Gründer und Gründerinnen flexibel und dynamisch sind. Wenn etwas nicht funktioniert, Pivot! Und pivotieren bis das richtige Geschäftsmodell gefunden ist, das muss man im Kopf können. Oft starten Startups mit einem komplett anderen Ansatz, als mit dem sie loslegen wollten.
Inkubator am ATHENE: Also welche Rolle spielt der Inkubator StartUpSecure am Athene aus deiner Sicht?
Guenter Kraft: Er ist unglaublich wichtig, weil er wie so ein Destillator ist. Alles das, was irgendwo in einem Hub, Inkubator oder Accelerator - wie auch immer du es nennen magst - auftaucht und rauskommt, wird dadurch destilliert. Mit wirklich guten Mentoren, der Coaches und der hochkarätigen Jury im Accelerator-Programm werden die Startups herausgefordert und dadurch immer besser. Der Fokus der Programme muss auf den Teams und den betriebswirtschaftlichen Aspekten liegen. Weniger auf der Technik.
Inkubator am ATHENE: Und wie bewertest du die Rolle des Inkubators im Ökosystem, im regionalen, aber auch im überregionalen?
Guenther Kraft: Also ich finde das sensationell, dass es den Inkubator am ATHENE gibt. Die Hochschulen in Darmstadt und Frankfurt, das Fraunhofer, das Forschungszentrum ATHENE, StartUpSecure und die De:Hub Initiative. Das ist schon herausstechend, nicht nur in der Region, sondern in ganz Deutschland.
Inkubator am ATHENE: Du engagierst dich für zahlreiche weitere Startup-Initiativen hier im Rhein-Main-Gebiet, aber auch in ganz Deutschland. Verfolgst du damit eine Vision? Und welche ist das?
Guenter Kraft: Ich war viel im Ausland und habe in Amerika und Israel die Entwicklungs-Geschwindigkeiten und das Mindset erlebt. Und dieses Mindset brauchen wir hier in Deutschland. Ein dickes Brett, weil der Deutsche per se einfach Risiko-avers ist.
Aber es muss einfach passieren und die jungen Leute, die jetzt rauskommen, die ich so seit 10 Jahren sehe, die sind anders drauf. Und diesen Leuten müssen wir einfach helfen. Vor allem finde ich, die Fehler, die ich gemacht habe, müssen sie nicht mehr machen.
Die Erfolge, die Peaks, muss man nicht erzählen, die werden sowieso erzählt. Worauf es ankommt ist, auch von den Lows zu erzählen. Hinter jedem Erfolg stecken mindestens 15 bis 20 Misserfolge vorher. Das müssen die Leute wissen.
Inkubator am ATHENE: Dank für das spannende Interview!
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