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Von Gründer zu Gründer:innen: Praktische Ratschläge für den Sprung ins kalte Wasser - Ein Interview mit Mentor David Kelm

24.07.2024

Interview Reihe „Unsere Mentoren am Inkubator StartUpSecure I ATHENE“

In regelmäßigen Abständen stellen wir einige unserer Mentoren und Mentorinnen vor, die unseren Startups mit Rat und Tat zur Seite stehen.

David Kelm ist einer der Gründer der IT-Seal GmbH. Als CEO hat er das Unternehmen durch mehrere Finanzierungsrunden bis zum EXIT geführt. Er ist mittlerweile als Mentor und Business Angel unterwegs und unterstützt vielsprechende StartUps unter Anderem im Bereich Go2Market & Growth Strategie, Organisationsaufbau, Equity Story und Finanzierungsrunden – Dinge also, die im Alltagsgeschäft oft liegen bleiben, weil sie nur wichtig, und nicht dringend genug sind.

 

Die Gründung eines Start-ups ist eine mutige und herausfordernde Unternehmung. Es erfordert Mut, gegen den Strom zu schwimmen und dabei immer wieder Baumstämme zu umschiffen, die drohen, einen untergehen zu lassen.

Ich kenne das. Als Gründer habe ich selbst IT-Seal, ein IT-Security StartUp im Bereich B2B SaaS von mehreren Jahren Bootstrapping durch mehrere Finanzierungsrunden hin zum EXIT geführt.

Auf dem Weg habe ich viel falsch gemacht und somit auch viel gelernt. Wenn ich es nochmal machen würden, würden wir es sicher doppelt so schnell schaffen. Die wichtigsten Learnings, Ratschläge und Tipps möchte ich hier einmal teilen:

 

Punkt 1: Achte auf deine Co-Founder:innen

Die Reise eines Start-up-Gründers ist oft eine Herausforderung, die von Abenteuerlust, Unsicherheit, Risiko und oft einem gewissen Maß an Chaos geprägt ist. Inmitten all dieser Unsicherheit kann eine verlässliche Konstante gefunden werden - deine Co-Founder:innen. Sie sind das Rückgrat, die Vertrauenspersonen und die wichtigsten Mitstreiter:innen auf dem Weg zum Erfolg deines Start-ups. Wenn du dich mit der richtigen Mischung aus Komplementärfähigkeiten und harmonierender Persönlichkeit umgibst, wird die Reise, obwohl sie turbulent sein mag, zu einem erfüllenden Erlebnis.

Dabei ist klar, dass es auf diesem gemeinsamen Weg zu Meinungsverschiedenheiten kommen wird. Unterschiedliche Vorstellungen zum weiteren Vorgehen und emotionale Diskussionen sind ein natürlicher Teil des Prozesses. Das Schlüsselwort hier ist "Respekt". Respektiert die Ideen und Standpunkte eurer Mitgründer:innen, auch wenn sie von euren eigenen abweichen.

Auch in den stressigsten Zeiten solltet ihr stets daran denken, dass ihr alle das gleiche Ziel verfolgt: Den Erfolg eures Unternehmens. Diese gemeinsame Mission sollte immer im Zentrum eurer Diskussionen und Entscheidungen stehen – und nicht persönliche Befindlichkeiten.

Die Reise des Start-up-Gründens ist nicht leicht, aber mit den richtigen Co-Gründer:innen an deiner Seite kann sie zu einer der besten Erfahrungen deines Lebens werden. Achte auf deine Mitbegründer:innen, schätze sie und baut gemeinsam an eurem Erfolg.

Punkt 2: Einfach machen!

Die Welt der Start-ups ist ein dynamisches Ökosystem, welches sich ständig weiterentwickelt. Sie ist geprägt von rasantem Tempo, intensivem Wettbewerb und unvermeidlicher Unsicherheit. Inmitten dieser Herausforderungen ist ein Leitsatz, der immer wieder auftaucht: Einfach machen!

Die erste und wohl wichtigste Lektion lautet: Erwarte nicht, dass dein erster Plan perfekt sein wird. Wie der legendäre Steve Jobs einst sagte: "Man kann die Punkte nicht verbinden, wenn man nach vorne schaut; man kann sie nur verbinden, wenn man zurückblickt.". Es ist völlig normal und sogar notwendig, deine Strategie im Laufe der Zeit anzupassen und zu ändern. Marktveränderungen, Fortschritte der Konkurrenz oder ein tieferes Verständnis deiner Kund:innen sind nur einige der Faktoren, die dazu führen können, dass du deinen Kurs korrigieren musst.

Vor diesem Hintergrund ist es essentiell, nicht zu lange mit Entscheidungen zu zögern, in der Hoffnung, den "perfekten" Entschluss fassen zu können. In der sich ständig bewegenden Welt der Start-ups ist Zeit ein wertvolles Gut. Sei bereit, zügig Entscheidungen zu treffen, auch wenn du nicht über alle Informationen verfügst. Wie Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, sagte, "wenn du 70% der Informationen hast, die du benötigst, triff deine Entscheidung.". Die Geschwindigkeit und Qualität der Umsetzung sind oft wichtiger als die Perfektion der Entscheidung selbst.

Diese Herangehensweise impliziert auch, dass du und deine Mitgründer:innen nicht immer hundertprozentig richtig liegen werdet. Und das ist in Ordnung. Es ist wichtig, Kompromissbereitschaft zu zeigen und Entscheidungen anzunehmen, auch wenn sie persönlich nicht deinen Präferenzen entsprechen und du es anders machen würdest. Sobald eine Entscheidung getroffen wurde, liegt der Fokus darauf, sie so effizient und effektiv wie möglich umzusetzen.

Doch selbst wenn eine Entscheidung getroffen und umgesetzt wurde, ist der Prozess noch nicht abgeschlossen. Ein entscheidender Teil dieses "Einfach machen!"-Ansatzes ist es, die getroffenen Entscheidungen regelmäßig zu überprüfen und zu evaluieren. Hat sich die Entscheidung als richtig erwiesen? Oder hätte man im Nachhinein besser eine andere Wahl treffen sollen? Diese Selbstreflexion ermöglicht es dir und deinem Team, aus Fehlern zu lernen und zukünftige Entscheidungsprozesse zu verbessern.

Das Scheitern oder das Eingestehen eines Fehlers ist dabei kein Zeichen von Schwäche, sondern ein integraler Bestandteil des Lernprozesses. Es ist eine Chance, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln.

Zusätzlich zu all dem ist es auch wichtig, Mut und Entschlossenheit zu haben. Als Start-up-Gründer:in wirst du oft auf unerwartete Hindernisse und Rückschläge stoßen. Alles wird dir fragil vorkommen und du wirst dich fragen, ob es sich wirklich noch lohnt, das weiter zu treiben. In diesen Momenten ist es entscheidend, nicht aufzugeben und den Mut zu haben, weiter voranzuschreiten und Lösungen zu finden.

Zum Abschluss möchte ich noch ein Zitat von Reid Hoffman, dem Mitbegründer von LinkedIn, anführen: "Ein Unternehmer ist jemand, der von einer Klippe springt und auf dem Weg nach unten ein Flugzeug baut." Diese Worte fassen das "Einfach machen!"-Prinzip treffend zusammen: sei mutig, sei entschlossen, und zögere nicht, ins kalte Wasser zu springen. Lerne während der Reise, und du wirst ein erfolgreicher Start-up-Gründer sein.

Punkt 3: Schritt für Schritt

Es ist wichtig auch nicht zu viel Respekt vor anderen, erfolgreicheren Unternehmen zu haben: Jede:r große Spieler:in hat einmal klein angefangen. Egal, wie erfolgreich oder etabliert ein Unternehmen heute ist, es begann seine Reise als Start-up, genau wie deines. Diese Unternehmen, die heute als Giganten in ihren Branchen gelten, durchliefen die gleichen Phasen der Ungewissheit, machten Fehler und mussten lernen und sich anpassen.

Es ist wichtig, diese Perspektive zu haben, nicht um die Herausforderungen zu minimieren, sondern um sich daran zu erinnern, dass der Erfolg erreichbar ist. Es ist eine Erinnerung daran, dass deine Marktbegleiter:innen, ob sie nun deine Vorbilder:innen oder Konkurrent:innen sind, auch nur Menschen sind. Sie haben es geschafft und du kannst es auch.

Von dort aus konzentrierst du dich auf den Weg vor dir. Anstatt sich von der Größe des Gesamtziels überwältigen zu lassen, fokussiere dich auf die nächsten Schritte.

  • Was kann dein Start-up heute tun, um näher an euer Ziel zu kommen?
  • Was könnt ihr in der nächsten Woche, im nächsten Monat erreichen?

Durch das Setzen von Zwischenzielen und das Konzentrieren auf überschaubare, konkrete Schritte wird der Weg zum Erfolg weniger einschüchternd und deutlich greifbarer.

Diese schrittweise Herangehensweise hilft nicht nur, die Dinge überschaubar zu halten, sie fördert auch ein Gefühl der Leistung und des Fortschritts. Jeder abgeschlossene Schritt - egal wie klein - ist ein Sieg. Es ist ein Beweis dafür, dass ihr vorankommt und eure Ziele verfolgt. Diese Siege können eine mächtige Motivation sein und helfen, das Team durch die Herausforderungen und Rückschläge zu führen, die unweigerlich kommen werden.

Schließlich ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass diese Schritte nicht in Stein gemeißelt sind. In der Welt der Start-ups ist Flexibilität essentiell. Seid bereit, eure Pläne zu ändern, neue Strategien zu verfolgen oder eure Ziele zu überdenken, wenn sich die Umstände ändern. Jeder Schritt auf eurem Weg ist eine Gelegenheit, zu lernen und sich anzupassen. Eure Reise wird nicht geradlinig sein, aber jede Kurve und jeder Umweg ist eine Gelegenheit für Wachstum und Verbesserung.

Dazu passt ein Zitat von Lao Tse, einem alten chinesischen Philosophen: "Auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt." Diese Weisheit ist so relevant für Start-up-Gründer wie für jeden anderen. Jeder Tag, jede Entscheidung, jeder Moment ist ein Schritt auf eurer Reise. Nehmt euch die Zeit, diese Schritte zu erkennen und zu feiern, und ihr werdet feststellen, dass der Weg zum Erfolg nicht so unerreichbar ist, wie er auf den ersten Blick erscheint.

Punkt 4: Fokus

Im Meer der Möglich­keiten, welches ein junges Start-up umgibt, kann es leicht sein, sich in zu vielen verschiedenen Richtungen zu verzetteln. Ihr seht vor euch eine Welt voller potenzieller Kund:innen, jede:r mit ihren eigenen einzigartigen Bedürfnissen und Vorlieben. Der Drang, so viele von ihnen wie möglich zu bedienen, kann stark sein.

Es ist verständlich, dass du ein Produkt oder eine Dienstleistung anbieten möchtest, das oder die eine möglichst breite Palette von Kund:innen bedient. Das klingt intuitiv richtig – je mehr Menschen du erreichen kannst, desto besser, oder? Aber in der Praxis führt diese breitgefächerte Herangehensweise oft zu diffusen Produkten, die sich an alle und niemanden richten.

Jede:r Kund:in, jede Kundengruppe hat unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Werte, unterschiedliche Entscheidungsprozesse. Ein Produkt, das versucht, viele diese Unterschiede zu berücksichtigen, läuft Gefahr, zu kompliziert oder unklar zu werden. Es könnte sich als zu teuer erweisen, es auf alle Kundengruppen zuzuschneiden oder es könnte sich herausstellen, dass ihr euch zu sehr verzettelt und das Produkt letztendlich nicht das tut, was es tun soll – einen bestimmten Bedarf auf effiziente und effektive Weise decken.


Exkurs: Beachhead Startegie:

Eine gebräuchlichere und oft effektivere Strategie ist die sogenannte Beachhead-Strategie. Sie besteht darin, sich auf eine kleine, gut definierte Zielgruppe zu konzentrieren – eine Zielgruppe, für die das Problem, das ihr lösen wollt, besonders wichtig und dringend – also teuer – ist. Ihr konzentriert all eure Ressourcen darauf, dieser Gruppe den bestmöglichen Service zu bieten.

Nehmen wir zum Beispiel Facebook. Als Mark Zuckerberg 2004 Facebook gründete, hatte er nicht das kurzfristige Ziel, das gesamte Internet zu erobern. Stattdessen konzentrierte er sich auf einen kleinen, klar definierten Markt: die Studenten der Harvard University. Erst als Facebook an Harvard erfolgreich war, breitete es sich auf andere Universitäten aus und schließlich auf die gesamte Welt.

Warum funktioniert diese Strategie? Es gibt mehrere Gründe. Erstens ermöglicht es eurem Start-up, seine Ressourcen effizienter zu nutzen. Anstatt zu versuchen, ein Produkt zu entwickeln, das alle Bedürfnisse aller Menschen erfüllt, konzentriert ihr euch auf eine klar definierte Gruppe von Bedürfnissen und Anforderungen. Dies erleichtert die Produktentwicklung und hilft euch, euer Produkt schneller auf den Markt zu bringen.

Zweitens macht es das Marketing einfacher und effektiver. Wenn ihr wisst, wer eure Zielkund:innen sind, könnt ihr eure Marketingbemühungen auf sie konzentrieren. Ihr könnt eure Botschaften anpassen, um direkt mit ihnen zu sprechen und ihre spezifischen Bedürfnisse und Wünsche anzusprechen. Dabei hilft auch das Thema Word of Mouth: In einem gut gewählten Zielsegment sprechen eure Kund:innen mit­ei­nan­der. Positive Referenzen stärken so das Vertrauen in eure Marke besonders effektiv und beschleunigen so kostenlos die Vermarktung.

Drittens hilft es euch, eine starke Marktposition zu erlangen. Wenn ihr euch auf eine klar definierte Zielgruppe konzentriert, habt ihr eine bessere Chance, Marktführer in diesem Segment zu werden. Diese Position der Stärke kann euch dann als Sprungbrett dienen, um in andere Märkte vorzudringen.


All dies bedeutet jedoch nicht, dass ihr eure Ambitionen dämpfen oder eure Vision einschränken solltet. Die Konzentration auf eine spezifische Zielgruppe ist nur der erste Schritt. Sobald ihr in diesem Markt Erfolg habt, könnt ihr beginnen, euch auszuweiten und neue Märkte zu erobern. Dabei könnt ihr die Erfahrungen und Erkenntnisse, die ihr in eurem ersten Markt gesammelt habt, nutzen, um eure Expansion zu leiten.

Aber alles beginnt mit diesem ersten Schritt: der Konzentration auf eine klar definierte Zielgruppe. Sobald ihr die für euch begeistern konntet und Fürsprecher gewonnen habt, könnt ihr viel leichter andere Bereiche angehen. Als Daumenregel gilt folgendes: Die erste Zielgruppe sollte dabei so groß sein, dass ihr eure Ziele erreicht, wenn ihr nach 2 Jahren ca. 50% von ihnen gewinnen konntet.

Indem ihr euch auf diese Weise fokussiert, könnt ihr eure Chancen auf Erfolg maximieren und euer Unternehmen auf ein solides Fundament für zukünftiges Wachstum stellen. Der Weg zum Erfolg ist oft ein schrittweiser Prozess, und der erste Schritt besteht darin, genau zu wissen, an wen sich euer Produkt oder Dienstleistung richtet.

Punkt 5: Investor:innen

Bootstrapping, also das Starten und Wachsen eines Unternehmens ohne externe Finanzierung, ist eine beeindruckende Leistung. Aber es ist nicht immer der beste oder machbarste Weg. Besonders wenn man mit ehrgeizigen Zielen und einer bahnbrechenden Geschäftsidee startet. In einer solchen Situation wird es vermutlich nicht lange dauern, bis Wettbewerber:innen auftauchen, die ähnliche Ideen verfolgen. Und wenn diese Wettbewerber besser finanziert sind, werden sie euch überholen, Kund:innen und Mitarbeitende abwerben und den Markt dominieren. Wenn ihr also eine Geschäftsidee habt, bei der ihr viel Potential seht, ist die Einbindung von Investor:innen ein wesen­tlicher strategischer Schachzug.

Investo:innen bringen dabei natürlich nicht nur Kapital in euer Unternehmen ein. Sie bringen auch ihre eigene Perspektive, Erfahrung und Netzwerke mit. In Gesellschafterversammlungen diskutieren sie auch bei überschaubarem Stimmgewicht häufig sehr entscheidend mit. Aus diesem Grund ist es wichtig, die richtigen Investor:innen für euer Unternehmen zu finden. Insbesondere sollte man nach Investor:innen suchen, die Erfahrung im Start-up-Sektor haben und die spezifischen Herausforderungen und Chancen verstehen, die mit der Gründung und dem Wachstum eines neuen Unternehmens verbunden sind.

Ehemalige Start-up-Gründer, erfahrene (!) Business Angels und VCs sind oft hervorragende Kandidat:innen. Sie haben nicht nur das nötige finanzielle Kapital, sondern auch ein tiefgreifendes Verständnis für das Start-up-Ökosystem. Sie kennen die Höhen und Tiefen, die auf der Reise eines Start-ups auftreten können und sie können wertvolle Ratschläge und Unterstützung bieten, wenn es darum geht, schwierige Entscheidungen zu treffen und Hürden zu überwinden. Andererseits können Investor:innen, die weniger mit der dynamischen und unvorhersehbaren Welt der Start-ups vertraut sind, ein Hindernis sein. Sie könnten Schwierigkeiten haben, die Risiken und Unsicher­heiten zu akzeptieren, die mit dem Start-up-Leben einhergehen. Im Zweifel halten sie eure weitere Entwicklung damit auf.

Die Frage, ob man strategische Investor:innen in Betracht ziehen sollte, ist eine weitere wichtige Überlegung. Ein:e strategische:r Investor:in ist normalerweise ein etabliertes Unternehmen, welches in euer Start-up investiert, um mit eurer Technologie eine strategische Lücke in ihrem Portfolio zu füllen und eine vorsichtige Wette einzugehen, ohne voll einzusteigen (dann würden sie euch nämlich direkt übernehmen). Während diese Investor:innen durchaus einen Mehrwert bieten können (auf dem Papier hört sich der riesige Kundenstamm immer super an) gibt es auch potenzielle Fallstricke zu berücksichtigen.

Strategische Investor:innen bringen oft ihre eigenen Interessen und Ziele mit, die nicht unbedingt mit den euren übereinstimmen. Dies kann zu Zielkonflikten führen und insbesondere bei einer vertrieblichen Kooperation die Zusam­men­arbeit erschweren. Eine Vertriebskooperation kann beispielsweise nur funktionieren, wenn der/die strategische Partner:innen auch sein/ihr eigenes Provisionsmodell für seine/ihre Vertriebsmitarbeitenden anpasst. Desto größer das Unternehmen, desto komplexer ist so etwas jedoch. Es benötigt entsprechend viel Vorlauf und interne Diskussionen, welche ihr kaum beeinflussen könnt. Mit etwas Glück und der richtigen Unterstützung auf Seiten des/ der strategischen Partner:in kann das der Jackpot sein. In meiner Erfahrung sind strategische Kooperationen jedoch oft schwierig umzusetzen und selten so erfolgreich wie erhofft. Stattdessen empfehle ich, sich auf den eigenen, von euch selbst angetriebenen Go-to-Market-Ansatz zu konzentrieren. Sucht nach Wegen, wie ihr euer Geschäft effizient skalieren und Vertriebswege erfolgreich aufbauen könnt, und strebt nach einer hohen Kapitaleffizienz - d.h., wenn ihr doppelt so viel Geld in euer Geschäft investiert, solltet ihr 1,5 bis 2 Mal so viel Ergebnis (also ARR Neu) erzielen.

Punkt 6: Strategie & Wettbewerb

Einer der schwierigsten Aspekte des Aufbaus eines Start-ups ist die Bewältigung des Wettbewerbs. Dabei ist es wichtig, eine solide Strategie zu entwickeln und eine detaillierte Kenntnis des Marktes und der Konkurrenz zu haben. Indem ihr euch der Painpoints eurer Kund:innen bewusst seid und diese mit euren eigenen Lösungen vergleicht, könnt ihr eure Value Proposition schärfen und noch besser auf die Bedürfnisse eurer Kund:innen eingehen.

Allerdings solltet ihr nicht in die Falle tappen, euch zu sehr auf den Wettbewerb zu konzentrieren und dabei eure eigenen Ziele aus den Augen zu verlieren. Eure volle Aufmerksamkeit sollte darauf liegen, eine Bestätigung für eure Lösung zu finden und zu zeigen, dass Kund:innen sie gerne kaufen möchten.

Möglichst frühzeitig solltet ihr euch auch schon mit dem Thema „Burggraben“ bzw. der Verteidigbarkeit eures Geschäftsmodells beschäftigen. Im Kontext eines Start-ups bezieht sich ein Burggraben auf die einzigartigen Vorteile und Ressourcen, die euer Unternehmen vor Wettbewerbe:innen schützen. Dies könnte eine proprietäre Technologie sein, Netzwerk- oder Skalierungseffekte, eine starke Marke, exklusive Part­ner­schaften oder einfach ein tiefes Verständnis der Bedürfnisse und Wünsche eurer Kund:innen und darauf angepasst Prozesse. Also etwas, dass euch ein Wettbewerber nicht nachmachen oder stehlen kann.

Ein Burggraben ist besonders wichtig für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und das Überleben eures Unternehmens. Er hilft euch, einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil aufzubauen und zu halten, der es schwierig macht für Konkurrenten, eure Produkte oder Dienst­leis­tun­gen zu kopieren oder zu übertreffen. Ohne einer Erklärung, wie ihr euer Geschäftsmodell verteidigen wollt, werdet ihr kaum ein Investment oder erfolgreichen Exit verbuchen können.

Punkt 7: Recurring Revenue ist der Schlüssel zum Erfolg

In der Welt der Startups ist es nicht ungewöhnlich, dass Investor:innen und Gründer:innen auf der Suche nach dem nächsten großen Ding sind. Eine Strategie, die immer wieder aufkommt, ist der Fokus auf wiederkehrende Einnahmen - oder, wie es in der Startup-Welt bekannt ist: Recurring Revenue.

Recurring Revenue, auf Deutsch wiederkehrende Einnahmen, sind Einnahmen, die ein Unternehmen mit einer gewissen Vorhersehbarkeit erwartet. Sie sind das Rückgrat vieler erfolgreicher Ge­schäfts­modelle und der Schlüssel zur Schaffung nachhaltiger und skalierbarer Unternehmen.

Das SaaS (Software as a Service) Geschäftsmodell ist ein gutes Beispiel dafür, wie wiederkehrende Einnahmen den Weg zum Erfolg ebnen können. Bei SaaS zahlen Kund:innen in der Regel eine monatliche oder jährliche Gebühr für den Zugang zu einer Software oder einem Dienst. Diese wiederkehrenden Zahlungen ermöglichen es Unternehmen, eine solide Einnahmebasis aufzubauen und gleichzeitig auf zukünftiges Wachstum hinzuarbeiten.

Die Vorteile von wiederkehrenden Einnahmen liegen auf der Hand. Sie bieten Vorhersehbarkeit und Stabilität, zwei Schlüsselelemente für jedes wachsende Unternehmen. Wenn ihr wisst, dass ihr euch auf bestehende Kund:innen verlassen könnt, um kontinuierlich Einnahmen zu generieren, könnt ihr euch auf den Vertrieb und die Akquise von Neukund:innen konzentrieren.

Aber hier kommt der entscheidende Punkt: Retention, also das Halten eurer Kund:innen. Ohne eine hohe Kundenbindungsrate können wiederkehrende Einnahmen schnell verschwinden. Es ist daher entscheidend, neben dem Neuvertrieb auch in das Kundenmanagement, also in Beziehungen zu investieren und einen hohen Wert für eure Kund:innen zu liefern, um sicherzustellen, dass sie weiterhin für eure Dienst­leis­tun­gen oder Produkte zahlen.

Kundenbindung beginnt mit einem starken Produkt oder Service, aber es endet nicht dort. Ihr müsst kontinuierlich in eure Kundenbeziehungen investieren und sicherstellen, dass ihr immer wieder einen Mehrwert liefert. Das bedeutet, auf Feedback zu hören, kontinuierlich Verbesserungen zu implementieren und Prozesse zu schaffen, die es euren Kund:innen leicht machen, mit euch Geschäfte zu machen.

Was das Recurring Revenue Modell so spannend macht: Während sich bestehende Kund:innen aufbauen und bleibende, wiederkehrende Einnahmen generieren, könnt ihr euch darauf konzentrieren und darin investieren, ständig neue Kund:innen zu akquirieren. Das stellt sicher, dass euer Unternehmen stetig weiterwächst und eure wiederkehrenden Einnahmen sich immer weiter erhöhen.

Abschließend lässt sich sagen, dass wiederkehrende Einnahmen eine mächtige Kraft in der Startup-Welt sind. Sie bieten Stabilität, Vorhersehbarkeit und das Potential für exponentielles Wachstum. Aber sie erfordern auch eine konsequente Kundenbindung und kontinuierliche Neukundenakquise. Indem ihr auf diese Aspekte achtet und eure Strategien entsprechend ausrichtet, könnt ihr das Potenzial von wiederkehrenden Einnahmen voll ausschöpfen und euer Startup auf den Weg zum Erfolg bringen.

Punkt 8: Cash is King!

Es gibt ein altes Sprichwort in der Wirtschaft, das lautet: "Cash is King". Im Kontext von Startups ist diese Aussage von entscheidender Bedeutung. Die Liquidität, also die Menge an verfügbarem Bargeld, die ein Unternehmen zur Verfügung hat, ist ein entscheidender Faktor für seinen Erfolg oder Misserfolg – daher holt man sich ja schließlich auch Investor:innen ins Boot. Eure Runrate bestimmt die weiteren Investitionsmöglichkeiten – und damit euer mögliches Wachstum sowie die Dringlichkeit und den Zeitpunkt der nächsten Finanzierungsrunde.

Es lohnt sich daher, ein genaues Augenmerk darauf zu legen, wie ihr euer Cash-Management verbessern könnt. Mit simplen Schritten könnt ihr eure Runrate verlängern und damit weiteres Wachstum & erreichte Meilensteine freischalten, bevor die nächste Finanzierungsrunde notwendig ist. Mit weiteren Meilensteinen wird die nächste Finanzierungsrunde natürlich auch entsprechend einfacher & erfolgreicher aussehen.

Eine Möglichkeit besteht darin, Vorauszahlungen zu sichern. Vorauszahlungen, ob von Kund:innen oder Lieferant:innen, können einen erheblichen Einfluss auf den Cashflow eines Unternehmens haben und seine Liquidität erheblich verbessern. Dies ist insbesondere bei Ge­schäfts­modellen mit Recurring Revenue von großer Bedeutung.

Eine weitere Möglichkeit, die Liquidität zu erhöhen, besteht darin, den Zeitpunkt der Rechnungsstellung und die Zahlungsfristen zu optimieren. Durch eine geschickte Steuerung dieser Faktoren lässt sich die Runrate des Unternehmens um mehrere Monate verlängern.

Punkt 9: Dinge abhaken „for good“

Eines der Schlüsselelemente, um ein skalierbares Start-up zu gründen, besteht darin, Prozesse und Systeme zu etablieren, die "for good", also dauerhaft und nachhaltig, funktionieren. Es bedeutet, eine Infrastruktur zu schaffen, die es dem Unternehmen ermöglicht, zu wachsen, ohne dass ständig Ressourcen auf bereits etablierte Bereiche verwendet werden müssen. In diesem Punkt möchte ich auf drei Hauptbereiche eingehen, die besonders wichtig sind, um dies zu erreichen: Produktqualität, Kundenbeziehungen und operative Effizienz.

Beginnen wir mit der Produktqualität. Es ist entscheidend, dass ihr möglichst früh einen starken Fokus auf die Qualitätssicherung (QA) legt. Ein qualitativ hochwertiges Produkt ist ein Produkt, das die Kund:innen zufriedenstellt und sie dazu bringt, es weiterhin zu nutzen und weiterzuempfehlen. Es minimiert auch die Menge an Zeit und Entwicklungs-Ressourcen, die ihr   für das Beheben von Fehlern aufwenden müsst. So bleibt bei euren knappen Entwicklungs-Ressourcen mehr Zeit, das Produkt wirklich weiterzuentwickeln, anstatt immer wieder Feuer zu löschen.

Der zweite Bereich, auf den ihr euch konzentrieren solltet, sind eure Kundenbeziehungen. Ein effizienter Ansatz besteht darin, sich selbst verlängernde, langfristige Verträge mit euren Kund:innen zu sichern. Dadurch könnt  ihr eure Vertriebsteams auf die Neukund:innenakquisition konzentrieren, anstatt ständig mit bestehenden Kund:innen zu sprechen und sie davon zu überzeugen, bei euch zu bleiben. Dabei lohnt es sich auch ein „Customer-Nuturing“ einzuführen, das ohne viel manuellen Aufwand euren Kund:innen immer wieder leicht verdauliche Tipps mitgibt. So bleibt ihr bei ihnen auf dem Schirm und erhöht die Retention.

Daneben solltet ihr bestrebt sein, euch im operativen Geschäft überflüssig zu machen. Dies mag kontraintuitiv klingen, aber tatsächlich ist es entscheidend für das Wachstum eures Start-ups. Wenn euer Team das Tagesgeschäft ohne eure ständige Aufsicht bewältigen kann, könnt ihr eure Zeit und Energie auf strategischere Aufgaben konzentrieren. Dies könnte die Lösung von Krisen, die Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie oder das Aufbauen neuer Part­ner­schaften und Geschäftsbeziehungen sein.

Zusammengefasst: Dinge erledigen „for good'" bedeutet, eine stabile Grundlage zu schaffen, auf der eure Unternehmen wachsen und gedeihen kann. Es bedeutet, die Prozesse und Systeme zu etablieren, die eure Zeit und Aufmerksamkeit freisetzen, so dass ihr euch auf das konzentrieren können, was wirklich wichtig ist: Euer Unternehmen voranzubringen und es zum Erfolg zu führen. Langfristig ist das ein großer Fallstrick, wenn ihr hier zu viel technische oder organisatorischen Schulden aufbaut.

Punkt 10: Hab Spaß dabei!

Die Gründung und Führung eines Start-ups ist oft eine Achterbahnfahrt voller Höhen und Tiefen. Es kann stressig, anstrengend und manchmal überwältigend sein. Aber trotz aller Herausforderungen und Rückschläge ist es wichtig, dass du dich an eine Sache immer erinnerst: Hab Spaß dabei. Ja, du hast richtig gehört. Spaß sollte niemals aus den Augen verloren werden.

Warum ist Spaß so wichtig? Die Antwort ist einfach: Wenn du Spaß an dem hast, was du tust, wirst du besser darin. Du wirst motivierter sein, härter arbeiten und kreativere Lösungen finden. Deine positive Einstellung wird auch dein Team beeinflussen. Wenn du Freude an der Arbeit hast, wird sich das auf deine Mitarbeitenden übertragen und eine motivierende und produktive Arbeitsumgebung schaffen.

Ein weiterer Grund, warum Spaß wichtig ist, betrifft die oft unsichere und unvorhersehbare Natur des Start-up-Lebens. Die Wahrscheinlichkeit, dass Dinge schief gehen, dass du scheiterst oder dass ein großer Wettbewerber dein Geschäft bedroht, ist hoch. Aber wenn du Spaß an der Reise hast, kannst du diese Rückschläge besser verkraften. Auch im Fall, dass du deine Reise abbrechen musst, wirst du in der Lage sein, zurückzublicken und zu sagen: "Zumindest hat es Spaß gemacht."

Aber wie kannst du sicherstellen, dass du Spaß hast, während du dein Start-up führst? Hier sind ein paar Tipps:

  1. Verfolge deine Leidenschaft: Du wirst wahrscheinlich mehr Spaß haben, wenn du etwas tust, dass du wirklich liebst und leidenschaftlich bist. Versuche, ein Unternehmen in einem Bereich zu gründen, der dich wirklich interessiert und begeistert.
  2. Umgebe dich mit Menschen, die du magst: Dein Gründerteam und deine Mitarbeitenden sind entscheidend für den Erfolg deines Start-ups. Stelle sicher, dass du Menschen um dich herumhast, mit denen du gerne arbeitest und die deine Werte teilen.
  3. Sorge für Ausgleich: Start-ups erfordern viel Arbeit, aber es ist wichtig, auch Zeit für andere Dinge im Leben zu haben. Egal ob es Sport, Freunde, Familie oder Hobbys sind, sorge dafür, dass du Zeit für die Dinge hast, die dich glücklich machen.
  4. Feiere die kleinen Siege: Es kann eine Weile dauern, bis du große Erfolge erzielst, aber es gibt immer kleine Siege auf dem Weg dorthin. Feiere diese - sie helfen dir, motiviert zu bleiben und Spaß zu haben.

Denk dran, dass die Gründung eines Start-ups ein Marathon und kein Sprint ist. Es wird Zeit, Mühe und Ausdauer erfordern. Als Daumenregel kann man sagen, dass alles ca. doppelt so lange dauert, wie man zunächst denkt.

Aber wenn du Spaß dabei hast, wird die Reise es wert sein, unabhängig vom Ergebnis. Also vergiss nicht, Spaß zu haben. Denn am Ende des Tages ist das die Hauptsache.

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